Unter dem Titel „Zug zum Flug“ fand am 26.04.2018 am Frankfurter Flughafen ein besonderes Mobilitätstraining für Rollstuhlfahrer von Rehability Frankfurt (Reha-Fachhandel) statt. Ziel war es zu erfahren wie eine Flugreise oder eine Bahnreise für Rollstuhlfahrer zu bewältigen ist, und welche Hilfen dafür bereit stehen, aber auch welche Probleme einen erwarten können.
Für mich begann das kleine Abenteuer bereits am Mainzer Hauptbahnhof, der wie ich feststellen konnte, für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen sehr vorbildlich gestaltet ist. Nachdem ich mich erst einmal orientiert hatte, fanden sich für den Zugang zu den Bahnsteigen jeweils zwei Aufzüge, was bei weitem nicht selbstverständlich ist. Alles funktionierte einwandfrei. So habe ich mich, der ich notorischer Autofahrer bin schnell zurecht gefunden und den Bahnsteig für meinen Zug nach Frankfurt Hbf mühelos erreicht. Ich hatte mich an diesem Tag dafür entschieden, mein Handbike mitzunehmen, weil ich auf die Vorteile des Gespanns auch auf Reisen ungern verzichten möchte. Aber dazu später mehr.
Was mir beim Einstieg in den Zug auffiel: Die Bahnsteighöhe im Mainzer Hauptbahnhof passt zwar für die S-Bahnen des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV) und der neueren DB-Regionalbahnen aber die Bahngesellschaft Vlexx hatte leider Züge beschafft, die eben genau dieses aktuelle Normmaß nicht haben, also steigt man dort ca. 15 cm tiefer ein. Für die meisten Rollstuhlfahrer ist das ein Abgrund. Hier gibt es aber Hilfe. Man wartet auf dem Bahnsteig möglichst an der Spitze des Zuges, wo sich das Abteil für Rollstuhlfahrer befindet, und wendet sich dann an den Zugführer. Der dann eine dafür vorgesehene faltbare Rampe auslegt über die man dann ein bzw. aussteigen kann. Wenn man dann noch angibt, wo man auszusteigen gedenkt, wird diese Rampe vom Zugpersonal dann wieder bereit gestellt. Immerhin, der Service ging in Ordnung. Nur mein Gespann erwies sich in dem engen Zug als zu wenig wendig. Hier sollte man das Handbike abkoppeln und das Personal darum bitten dieses in den Zug oder aus dem Zug heraus zu tragen, damit man dann mit dem Rollstuhl alleine in der Enge und auf der Rampe fahren fahren.
In Frankfurt angekommen, fanden sich dann die Teilnehmer des Mobilitätskurses und Kursleiter Wolf Meißner von Rehability Frankfurt (Bild Mitte) mit seinem Team ein. Da der Hauptbahnhof in Frankfurt ein sogenannter Sackbahnhof ist, gibt es hier naturgemäß keine Probleme beim Wechsel von einem Bahnsteig zum anderen. Wir fuhren dann aber per Aufzug hinunter zur S-Bahn-Station. Beim Einstieg in die S-Bahn erwies sich mein Gespann aber als günstig, weil die kleine Lücke zwischen Zug und Bahnsteig für mich so gut wie garnicht existierte. Aber auch ein geübter Aktivrollstuhlfahrer schafft das. Aber in dem bereits in die Jahre gekommen Regionalbahnhof des Flughafens wartete die unangenehme Überraschung. Der Bahnsteig ist dort noch viel zu niedrig. Hier ist man absolut auf fremde Hilfe angewiesen. Das ist im höchsten Maße unbefriedigend, und sollte zeitnah abgestellt werden. Für viele ist das leider auch ein guter Grund, auch in Zukunft weiter auf Auto oder Taxi zu setzen, wenn es zum Flughafen geht. Wer wie ich noch kurze Strecken zu Fuß bewältigen kann, steigt dann, auch wenn es vielleicht schwer fällt, kurz aus dem Rollstuhl aus und hilft sich damit selbst.
Im Flughafen selbst gab es keine Probleme. Hier sind genug Aufzüge vorhanden, und wenn man sich erst einmal orientiert hat, findet man sich hier auch mobilitätseingeschränkt gut zurecht. Wir als Gruppe haben uns dann im Terminal 1 Halle B versammelt, wo uns eine Dame der Fracare Services empfing und uns über deren Arbeit am Flughafen berichtete. Die für den Fluggast kostenfreien Leistungen sind auf der Website https://www.fracareservices.com gut beschrieben, so dass ich mir persönliche Ausführungen dazu sparen kann. Ein Schalter der Fracare befindet sich in der Abflughalle im Terminal 1 Halle B im Bereich des Lufthansa Checkins sowie im Terminal 2 zwischen Abflugbereich D und E. In der Tiefgarage, im Regionalbahnhof und der Ankunfthalle von Terminal 1 befinden sich Rufsäulen. Unweit des Schalters der Fracare Services in Terminal 1 befindet sich auch deren Basis. In diesen Bereich, in dem auch betreute Fluggäste warten können, bekamen wir ebenfalls einen Einblick.
Zwar wäre natürlich ein Einblick in den weiteren Ablauf nach dem Checkin interessant gewesen, aber das ist auf einem Großflughafen nicht möglich. Man kann sich aber wenn man am Flughafen ankommt, an diesen Service wenden, bekommt einen Mitarbeiter bzw. eine Mitarbeiterin zur Seite gestellt, wird begleitet und braucht sich dann über den weiteren Ablauf keinen Gedanken machen. Die Art der Betreuung hängt natürlich vom persönlichen Bedarf des Reisenden ab. Finanziert wird dieser Service übrigens über Flughafengebühren die jeder Fluggast mit seinem Ticket bezahlt. Eine ähnlichen Service bieten auch alle anderen Flughäfen in Europa an. Bei Reisen außerhalb Europas sollte man sich aber beim Reiseveranstalter oder der Fluggesellschaft sehr genau vergewissern, dass auch dort entsprechende Betreuungsangebote zur Verfügung stehen.
Wichtig ist, dass man seinen Betreuungsbedarf vorher mit der Fluggesellschaft oder bei der Buchung im Reisebüro bespricht. In der Regel sollte dies bis 48 Stunden vor Reiseantritt geschehen sein. Der Betreuungsbedarf steht dann als Code zusammen mit allen Daten der Buchung auf den Servern der beteiligten Fluggesellschaften und der Flughäfen zur Verfügung, so dass entsprechende Leistungen dort bereits eingeplant werden können. Die Abläufe sind nicht auf allen Flughäfen gleich, aber im Prinzip kann man europaweit auf die Leistungen der jeweiligen Betreuungsteams setzen.
An dieser Stelle möchte ich kurz von meiner eigenen Erfahrung berichten, als ich im Februar 2018 nach Athen geflogen bin. Nachdem ich meinen Flug bei der Lufthansa online gebucht hatte, habe ich die Servicenummer (<– Link) der Lufthansa angerufen, um meinen Betreuungsbedarf anzumelden und abzustimmen. Wichtig dabei ist, dass man die Maße und das ungefähre Gewicht des Rollstuhls angeben kann und ob es sich um einen Falt- oder Starrrahmenstuhl bzw. um einen Elektrorollstuhl handelt. Ich konnte dann in den Mobilitätsgrad von Rollstuhlfahrern eingestuft werden, die noch kurze Strecken zu Fuß gehen können und auch in der Lage sind Treppen zu bewältigen. Dafür gab es den Code WHCR (<–Link), der meinen Bedarf beschreibt. Im Flughafen hatte man mich im Checkin-Bereich gleich an den Schalter der Fracare Services (damals noch von der Lufthansa betrieben) verwiesen. Dort wurde mir, neben dem regulären Checkin, eine Mitarbeiterin zugeteilt, die mich durch die Sicherheitskontrolle bis zum Gate und weiter bis an die Flugzeugtür begleitete. Alle Wege konnte ich in meinem eigenen Rollstuhl zurücklegen. Ich wurde auch nochmals gefragt, ob ich ggf. weitere Hilfe von der Flugzeugtür zu meinem Sitz benötigte. Dies habe ich verneint und so verabschiedete sich die Mitarbeiterin am Flugzeug von mir und sorgte noch dafür das mein Faltrollstuhl im Gepäckraum des Flugzeuges untergebracht wurde. Lediglich mein Sitzkissen habe ich als Handgepäck mit in die Kabine genommen, damit es nicht verloren geht. Bei der Ankunft in Athen stand dann ein Mitarbeiter des dortigen Betreuungsteams mit einem Rollstuhl des dortigen Flughafens bereit, der mich dann bis zum Gepäckband in der Ankunfthalle schob, mir meinen Koffer vom Band hob und mit mir auf meinen eigenen Rollstuhl wartete, der mir dann auch während der Gepäckausgabe gebracht wurde. Auf weitere Begleitung hatte ich dann verzichtet, aber wenn ich es gewollt hätte, wäre ich noch bis zum Taxi oder zur Metro-Station begleitet worden. Auf dem Rückflug war das Prozedere ähnlich. Auch hier hätte ich mehr Service erhalten können, als ich benötigte.
Zurück zum Mobilitätskurs Zug zum Flug: Nachdem wir die Fracare Services kennengelernt haben und inviduell in den Restaurants des Flughafen zu Mittag gegessen hatten, stand als Übung die Benutzung von Rolltreppen mit dem Rollstuhl an. So ganz geheuer war mir die Sache ja nicht, zumal es offiziell aus versicherungstechnischen Gründen auch nicht erlaubt ist, aber wir haben uns dann in einen Bereich des Terminals 1 begeben, der nicht so belebt ist, und haben es dann unter Anleitung unseres Kursleiters und immer zusammen mit einem Helfer selbst ausprobiert und es funktionierte. Sogar mit meinen Handbike-Gepann war es möglich.
Ganz wichtig! Weil das Fahren auf Rolltreppen für Rollstuhlfahrer seine Tücken hat, rate ich dringend davon ab, es auf eigene Faust zu versuchen, denn es sollte immer ein Helfer dabei sein, und man sollte es zunächst auch nur unter Anleitung machen, damit man weiß, was zu beachten ist, damit es nicht zu einem Unfall kommt.
Wie hilfreich diese Übung aber war, erfuhren wir, nachdem wir mit der S-Bahn wieder am Frankfurter Hauptbahnhof ankamen und der einzige Aufzug des Bahnsteiges nicht funktionierte. Da haben wir dann alle die lange über zwei Tiefgeschosse reichende Rolltreppe nach oben genommen. Es fanden sich auch spontan Passanten, die sich darüber freuten uns helfen zu können. Da wir inzwischen selber wussten worauf es ankommt, konnten wir zur Sicherheit auch die Hilfe nicht eingewiesener Personen dankbar in Anspruch nehmen. Nun wussten wir alle, was diesen Kurs so wertvoll gemacht hat.